Sonntag, August 20, 2006

Der Fallensteller


Vier japanische Künstler bei Contemporary Art International

Verführerisch glänzend liegt sie da, die 2 Euro-Münze. Ganz so, als wäre sie einem achtlosen Menschen zufällig aus der Tasche gefallen. Wer jetzt den Fehler begeht, sie aufzuheben und einzustecken, der tappt in die Falle des Shiro Masuyama. Die Münze ist Teil eines Versuchsaufbaus. An ihr ist ein Draht befestigt, der eine Art Alarm in Form eines ohrenbetäubenden, klappernden Geräusches auslöst. Außerdem wird der Ahnungslose durch helles Stoboskoplicht, das einen Kamerablitz simulieren soll, geblendet.
Shiro Masuyama hat das Projekt „500 Yen“ bereits in den Metropolen Wien, Hongkong und Berlin, am lebenden Objekt getestet. Immer unter Verwendung einer einheimischen Münze als Köder, die er mal im Ausstellungsraum, mal auf der Straße, in einem Hauseingang oder auf einem Tisch, möglichst unauffällig platziert.
Der 35-jährigen Masuyama, der in Berlin lebt und arbeitet, ist fasziniert von der Idee, mit seinen Installationen, die er als Fallen einsetzt, zufällig Passierende oder Galeriebesucher anzulocken und sie zu bestimmten Reaktionen zu verleiten. Seine Intention: Die individuellen Verhaltensweisen aus einem reglementierten sozialen Miteinander zu isolieren – auch das klassische Verhältnis von Künstler und Rezipient gerät so ins Wanken. Dadurch, dass die Szenen gefilmt werden, kommt noch eine weitere Ebene hinzu: Der Beobachter beobachtet sich selbst auf einem Monitor als Teil des Kunstwerkes.
Gehen dem Japaner im öffentlichen Raum Probanden ins Netz, löst er die Situation immer auf, indem er sie anspricht und ihnen erklärt, dass sie unfreiwillig Teil eines Kunstprojektes geworden sind. Kaum zu glauben, dass er, wie er beteuert, selten wütende, sondern eher gleichgültige Reaktionen auf seine „Versuche“ erhält.
Beim Hamburger Kunstfestival „Dingdong“ im April war Masuyama mit seiner Installation „Parky Party“ vertreten, einer Single-Bar, in der die Besucher in einzelnen Kabinen isoliert an ihrem Getränk nippten, ohne die Chance zur Kommunikation mit anderen Gästen oder dem Barkeeper. Im Gegensatz zu „500 Yen“ ließen sich die Besucher hier freiwillig auf das Experiment ein.
Neben Shiro Masuyamas Installation sind bei „Episodes of Summer Vol. 1“ Fotoarbeiten von Ryo Hamada, Akihiro Higuchis bemalte Schmetterlinge und Yoshiaki Kaihatsus Styropor-Arbeiten zu bewundern.

Text zur Gruppen-Ausstellung „Episodes of Summer Vol.1“; Contemporary Art International 2.6. bis 13.8.06

Published in SZENE HAMBURG 06/06

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