Mittwoch, Mai 27, 2009

Neonleuchtfeuer


Der Bildhauer Thomas Straub spielt mit religiösen Symbolen, mit dem Profanen - und dem Feuer. Jetzt in der Tinderbox.

Dunkel ist es, unheimlich, aber auch weihevoll. Der Raum, nur von bläulichem Licht beschienen. Es entströmt einigen Neonröhren, die mit Ästen zu tripod-esken Skulpturen verbunden sind. Hier und da blitzt Blattgold auf. Die Arbeiten erinnern an Leuchtfeuer, jene historischen Feuerstellen, die einst Schiffe in den sicheren Hafen navigierten. Wie das Licht den Schiffsleuten in dunkler Nacht als Wegweiser und Orientierungshilfe diente, wollen auch Straubs Arbeiten erhellen. Es geht dem Karlsruher unter anderem um die Dekonstruktion religiöser Symbole und die Vereinnahmung dieser durch kapitalistische Praktiken. In der voran gegangenen Gruppenausstellung bei Tinderbox, war von Straub eine mit Blattgold beklebte Aureole zu sehen. Der Strahlenkranz, ursprünglich Kopfschmuck heiliger Häupter, stand hier lässig unprätentiös an die Wand gelehnt. Darüber gelegt, eine herausgerissene Feuilletonseite aus der FAZ, mit einem Bild des brasilianischen Supermodells Giselle Bündchen darauf. Oftmals bedient sich Straub einfacher Materialien, um das Profane im Sakralen herauszustellen. So sind Holz, Äste und Karton häufig verwendete Baustoffe. Besonders eindrucksvoll wie einfach ist Straubs Triptychon aus dem Jahr 2005, etwa 30 cm groß und aus Verpackungssperrholz. Durch kleine Scharniere können die Seitenflügel auf- und zugeklappt werden, mit dem Einsatz eines einzigen Fingers. Die auftretende Ambivalenz durch die Verwendung mächtiger Zeichen, hier das eines kirchlichen Flügel-Altars mit seiner dreiteiligen Form (Trinity!) auf der einen Seite - und das billige, „ehrliche“ Material andererseits sind typisch für Straubs Arbeitsweise. Oft nutzt der 33-Jährige riesige Billboards, um prophetische Botschaften zu verbreiten. „At the end there will be darkness“ - In Glasgow, wo der studierte Holzbildhauer jüngst ein DAAD-Stipendium absolvierte, prangte dieser Spruch in riesigen Lettern von einer in der McLellan Gallery aufgestellten Plakatwand. Dabei geht es Straub nicht um Werbewirksamkeit, sondern um dessen Sabotage: Der Slogan erscheint nämlich als ein zusammenhängendes Wort, das durch den Zeilenumbruch in gleichgroße Stücke zerteilt wird und somit eben nicht sofort erfassbar ist. Am Ende, Dunkelheit. Dieser Kommentar passt auch zur ersten und bisher einzigen Videoarbeit Straubs aus dem Jahr 2008. Als Motiv verwendet der Künstler ein in seinem Œvre oft wiederkehrendes religiöses Symbol, das des brennenden Dornenbuschs. In „Illumination“ werden aufgestellte, nackte Äste in völliger Dunkelheit entzündet. Eine leere Leinwand im Hintergrund kommt zum Vorschein, sie umrahmt das brennende Geäst. Man hört das Holz knacken, Grillenzirpen und eine wohl nicht weit entfernte Autobahn. Das Video dauert genauso lange, wie das Feuer brennt, etwa 6 Minuten. Dann wird die Leinwand nach und nach wieder von der Nacht verschluckt. Eine leise und zugleich eindringliche Arbeit…

Rigorose Dämmerung: Thomas Straub, Tinderbox, 6.6. bis 4.7. Bild: CO/Tinderbox

TEXT: CHRISTIANE OPITZ, SZENE HAMBURG, JUNI 2009

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