Mittwoch, Oktober 01, 2008

Der Allrounder


Katharina Bittel eröffnet ihre eigenen Galerieräume in der Admiralitätstrasse – mit dem Norweger Øystein Aasan.

Gespenstische wirkt diese alte, körnige Schwarz-Weiß-Aufnahme vom Planeten Saturn. Blass, die Kugel, der Ring drum herum, das Ganze als Studie des Himmelskörpers in unterschiedlichen Größen. Unter und neben dem Foto ein Text, der mit Akribie Buchstabe für Buchstabe in ein dafür vorgesehenes Quadrat geklebt wurde. Die Überschrift lautet: „Saturn, 1936 (Yellow Negative)“. 1936? Woher stammen diese Aufnahmen? Der erste Satz des Textes gibt darüber Auskunft: „Ich weiß nun mehr über diese Bilder, seit ich eine kleine Notiz fand mit dem Namen ‚Slipher’ darauf.“
Ich - das ist der norwegische Künstler Øystein Aasan. In seiner „Planeten- Serie“ hat er Abzüge von alten Negativen entwickelt, die ursprünglich von dem US-Forscher E.C. Slipher aus den 20er-30er Jahren stammen. Die Texte sind Gedanken, die er sich während der Suche nach dem Urheber der Negative, notiert hatte. Die Standardisierung des Textes durch die immer gleiche Typographie unterstreicht die Glaubwürdigkeit der Zeilen und ist zugleich auch ein ästhetisches Statement. Diese Standardisierungen begegnen einem bei der „Magazin-Serie“ erneut. Wieder wird mit kleinen Quadraten gearbeitet, die diesmal nicht mit Sprache sondern mit Bildinformationen besetzt sind. Für diese Serie trennte Aasan aus alten Ausgaben amerikanischer Magazine Titelseiten und Werbung heraus, schnitt die Seiten in kleine Kästchen und setzte sie in gleichmäßigen Abständen wieder zusammen, immer mit einer Leerstelle dazwischen. Durch das formale Raster wird das Motiv gestreckt, der Betrachter kann die einzelnen Bildportionen nur mit einiger Verzögerung im Kopf zusammensetzen.
Aasan arbeitet interdisziplinär, verknüpft Kunst und Architektur mit Sprache und historischen Referenzen. Er ist ein Allrounder - und das bezieht sich nicht nur auf seine inhaltliche Arbeit. Aasan ist nämlich außerdem noch als Kritiker und Musiker bekannt.
Diese Professionen versteht er als weitere Ausprägungen seines Künstler-Ichs. Als Kritiker schreibt er für das tschechische Umelec, das norwegische Site oder das Berliner Artfanzine Neue Review. Als Leadgitarrist und Sänger der Band ACO (Art Critic Orchestra) unterstreicht der Norweger mit Coverversionen politischer Songs sein Image als Großstadtakteur.
Die Ausstellung mit Øystein Aasans ist die erste Ausstellung Katharina Bittels in ihren eigenen Galerieräumen. Bittel war anderthalb Jahre als Juniorpartnerin von Jürgen Becker tätig, bevor sie vor wenigen Wochen die ehemaligen Räume von Karin Günther (jetzt im 4. Stockwerk) in der 3. Etage der Admiralitätstrasse 71 übernahm. Als nächstes plant sie Ausstellungen mit Natalie Czech und Carsten Fock.


Øystein Aasan: “Don’t look now”, Galerie Katharina Bittel, bis 1.11.


Published in SZENE HAMBURG 10/08
© Foto: Galerie Katharina Bittel, Text: Opitz/VG Wort 2008


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